Lade Inhalt...

Henry und Alienor

Die Plantagenet-Aquitanien-Saga 1 | Das berühmte Königspaar und ihr gefährliches Spiel der Throne

©2024 708 Seiten

Zusammenfassung

Sie folgte nicht Männern, sondern ihren eigenen Regeln.

Unerschrocken ist Alienor, Königin von Frankreich, ihrem Mann sogar auf einen Kreuzzug gefolgt. Nun zurück in Paris, kommt ihr das höfische Leben wie ein goldener Käfig vor. Als sie dem jungen Henry Plantagenet begegnet, spürt sie sofort, dass das Schicksal des stürmischen Anwärters auf den englischen Thron und ihres miteinander verknüpft sein werden. Und Alienor wagt das Unmögliche: Ihre Ehe wird aufgelöst und sie heiratet Henry. Eine Liebe, die ihr in den folgenden Jahren zugleich Freiheit schenkt und ein eisernes Band schmiedet, das ihre stärkste Fessel werden könnte. In Europa tobt ein gnadenloser Kampf um die Macht und Alienors und Henrys Söhnen kommen darin Schlüsselrollen zu –womöglich auf den gegenüberliegenden Seiten eines Schlachtfelds …

Ein prachtvoll ausgeschmückter Roman für Fans von Rebecca Gablé und Philippa Gregory.

Mohn und Ginster: Der Auftakt der großen Saga über die schillerndste Königsfamilie des Mittelalters, in der jeder Band unabhängig gelesen werden kann.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Über dieses Buch:

Unerschrocken ist Alienor, Königin von Frankreich, ihrem Mann sogar auf einen Kreuzzug gefolgt. Nun zurück in Paris, kommt ihr das höfische Leben wie ein goldener Käfig vor. Als sie dem jungen Henry Plantagenet begegnet, spürt sie sofort, dass das Schicksal des stürmischen Anwärters auf den englischen Thron und ihres miteinander verknüpft sein werden. Und Alienor wagt das Unmögliche: Ihre Ehe wird aufgelöst und sie heiratet Henry. Eine Liebe, die ihr in den folgenden Jahren zugleich Freiheit schenkt und ein eisernes Band schmiedet, das ihre stärkste Fessel werden könnte. In Europa tobt ein gnadenloser Kampf um die Macht und Alienors und Henrys Söhnen kommen darin Schlüsselrollen zu –womöglich auf den gegenüberliegenden Seiten eines Schlachtfelds …

Über die Autorinnen:

Sylvie von Frankenberg zog es nach ihrem Studium nach Frankreich. Zehn Jahre lang lebte sie in Paris und berichtetet von dort für deutsche Sendeanstalten über französische Politik und Kultur.

Katrin von Glasow lebte viele Jahre in England. Sie arbeitete als Regisseurin an Filmen und Fernsehspielen mit überwiegend historischem Thema.

Bei dotbooks veröffentlichten Katrin von Glasow und Sylvie von Frankenberg gemeinsam ihre große Plantagenet-Aquitanien-Saga mit den Romanen »Henry und Alienor«, »Der Bastard« und »Der vierte König«.

***

eBook-Neuausgabe Juli 2024

Copyright © der Originalausgabe 1997 bei Schneekluth Verlag GmbH

Ein Unternehmen der Verlagsgruppe Droemer Weltbild

Copyright © der Neuausgabe 2024 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/photomaster

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (mm)

ISBN 978-3-98952-274-9

***

Dotbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, einem Unternehmen der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13, 4 Millionen Euro unterstützt: www.egmont.com/egmont-foundation. Danke, dass Sie mit dem Kauf dieses eBooks dazu beitragen!

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit gemäß § 31 des Urheberrechtsgesetzes ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: info@dotbooks.de. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

***

Sind Sie auf der Suche nach attraktiven Preisschnäppchen, spannenden Neuerscheinungen und Gewinnspielen, bei denen Sie sich auf kostenlose eBooks freuen können? Dann melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an: www.dotbooks.de/newsletter (Unkomplizierte Kündigung-per-Klick jederzeit möglich.)

***

Wenn Ihnen dieser Roman gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weitere Bücher aus unserem Programm. Schicken Sie einfach eine eMail mit dem Stichwort »Henry und Alienor« an: lesetipp@dotbooks.de (Wir nutzen Ihre an uns übermittelten Daten nur, um Ihre Anfrage beantworten zu können – danach werden sie ohne Auswertung, Weitergabe an Dritte oder zeitliche Verzögerung gelöscht.)

***

Besuchen Sie uns im Internet:

www.dotbooks.de

www.facebook.com/dotbooks

www.instagram.com/dotbooks

blog.dotbooks.de/

Sylvie von Frankenberg & Katrin von Glasow

Henry und Alienor

Die Plantagenet-Aquitanien-Saga 1

dotbooks.

Stammbaum

img1.jpg

Kapitel 1

Über Paris tobte ein Sommergewitter. Ein Blitz zuckte über den Himmel. Sein bläulicher Schimmer warf eine Funkenspur über die verwitterten Steine des königlichen Schlosses. Fast gleichzeitig krachte der Donner. Das mächtige Haus erbebte in seinen Grundfesten. Hastig schloss der kleine Page die Augen und bekreuzigte sich, ehe er erneut versuchte, die hölzernen Innenläden zu schließen. Aufatmend trat er einen Schritt zurück und wandte sich um.

In dem großen Kamin des fürstlichen Gastzimmers barst ein Ast. Funken stoben und brennende Holzstücke fielen auf den Steinboden. Der Mann, der mit dem Rücken zum Raum stand, tat einen Schritt nach vorne und zertrat die Glut. Hinter ihm waren Diener damit beschäftigt, den großen Bottich mit kochendem Wasser zu füllen. Der Mann nahm keine Notiz von ihnen, stattdessen begann er langsam die Schnüre seines braunen Lederhemdes zu lösen.

»Euer Bad ist bereit, Mylord!«

Der Mann schien nicht zu hören. Seine Hemdschnur hatte sich an einer Öse verheddert. Ungeduldig begann er daran zu reißen. »Komm her, Robert, und hilf mir!« Geschickt entwirrte der Angesprochene die Schnüre. Mit einer einzigen Bewegung zog der Mann sich das Lederhemd über den Kopf. Fasziniert starrte der kleine Page auf den nackten Oberkörper, dessen Muskelspiel sich im Licht der Fackeln deutlich abzeichnete. Unwillkürlich straffte er die eigenen, schmalen Schultern.

»Wie ist sie denn so?«, fragte der Mann und verzog sein Gesicht zu einem Grinsen. Der kleine Page wollte vortreten, um ihm die Stiefel auszuziehen, da hatte Robert sich schon gebückt, und zog sie ihm nacheinander aus.

»Sie ist sehr schön, Mylord«, antwortete er ruhig. Er hielt die Stiefel in den Händen und betrachtete sie prüfend von allen Seiten. »Ihr braucht neue, mein Herzog. Die Sohlen sind schon wieder durch. Und jetzt solltet Ihr ins Bad steigen, ehe das Wasser kalt wird. In weniger als einer Stunde beginnt das Bankett.« Wieder krachte ein gewaltiger Donner. Der kleine Page vergaß sich zu bekreuzigen. Er ließ den Mann nicht aus den Augen, der sich jetzt seiner restlichen Kleidung entledigte. Nackt ging er hinüber zu dem Zuber und stieg hinein. Das Wasser schwappte über den Rand, als er einmal ganz untertauchte und prustend wieder hochkam. Mit beiden Händen strich er seine kurzen, dichten Haare zurück. Robert hatte sich neben den Zuber gekniet und begann ihm den Rücken einzuseifen. Wohlig schloss der Mann die Augen. »Massiere mich ein bisschen, Robert. Ja, so ist es gut. Ja, da ist es gut.«

Der kleine Page trat einen Schritt vor, um besser sehen zu können. Seit Tagen redete man in Paris von nichts anderem, als dass Henry Plantagenet, Herzog der Normandie, sich endlich bereit erklärt hatte, vor dem König seinen Eid als Lehnsmann abzulegen. An diesem Morgen hatte der Mönch, der den Pagen Geschichtsunterricht erteilte, von Wilhelm dem Eroberer erzählt, jenem normannischen Herzog, der ausgezogen war England zu erobern und als englischer König zurückkehrte. Hörbar sog der junge den Atem ein und starrte auf den Zuber – darin saß der Urenkel des Siegers von Hastings. Seifenschaum floss ihm über die braunen Schultern, lief über seine Brust und verlor sich im Wasser.

Mit noch immer geschlossenen Augen redete Henry weiter: »Stimmt es, dass sie rothaarig ist?« Er wartete die Antwort nicht ab, sondern fuhr spöttisch fort: »Sie ist schön, sie ist rothaarig; und sie ist eine Hure. So sagt man doch, Robert, oder?«

Robert war aufgestanden. Vorsichtig setzte er sich auf den Zuberrand und seifte die Arme des Herzogs ein. »Sie ist die Frau des Königs. Sie ist Königin von Frankreich und sie hat das reiche Aquitanien mit in die Ehe gebracht. Mehr weiß ich nicht, Mylord.« Er griff nach einem großen Krug und begann Wasser über den Badenden zu gießen.

Henry lachte. »Was für eine Zusammenstellung: eine reiche, königliche Hure! Schade nur, dass sie den Falschen geheiratet hat! Mich hätte sie nehmen sollen.« Mit einem Ruck stand er auf; Wassermassen ergossen sich über den Steinfußboden und machten auch vor den spitzen Schuhen des kleinen Pagen nicht Halt.

Mit den Händen strich Henry das Wasser von seinem Körper ab. »Man sagt, sie hat schöne Brüste ...« Er begann zu pfeifen. Robert hielt ein großes Badetuch bereit. »Hütet Eure Zunge, Mylord«, flüsterte er, »in diesen Mauern seid Ihr nur einer unter vielen Vasallen.«

»Ich bin mir sicher, dass ich der Wichtigste bin«, sagte Henry leichthin und ging barfuß zu dem großen Bett hinüber, auf dem man seine Abendkleidung bereitgelegt hatte. Verspielt griff er nach der goldenen Kette. »Alienor – was für ein viel versprechender Name ...« Selbstsicher lachte er auf. »Sie verdrehen doch alle die Augen nach ihr, die damals den Kreuzzug mitgemacht haben. Stell dir vor, Robert, den ganzen Weg von Paris bis ins Heilige Land ... Glaubst du, sie hat aus reiner Frömmigkeit das Kreuz genommen? Oder hat sie sich hier in diesen Mauern nur gelangweilt?«

Der Herzog wandte sich um und sein Blick fiel auf den Pagen. »Was stehst du hier herum?«, fuhr er ihn an, »hast du nichts zu tun? Oder spionierst du mir nach?«

Der Junge musste sich zweimal räuspern. »Nein, Herr«, stammelte er, »überhaupt nicht. Ich meine ...« Er senkte den Kopf. Nur mit dem Handtuch bekleidet kam Henry näher. Er streckte einen Finger aus und hob das Kinn des Knaben empor. »Sieh mich an!«, befahl er, »antworte mir! Ich habe dich etwas gefragt!«

Schuldbewusst blickte ihn der Junge an. »Es ist ja nur wegen Hastings«, stieß er hervor und seine Lippen zitterten.

Überrascht ließ Henry ihn los. »Ich verstehe dich nicht.« Er musterte den Jungen, der die königlichen Farben trug und der jetzt vor Verlegenheit von einem Bein auf das andere trat. »Nun? Ich warte ...!«

Etwas in seiner Stimme musste dem Jungen Mut gemacht haben; er warf die Locken zurück und blickte Henry direkt in die Augen. »Julius Cäsar und der Löwe von Hastings, das sind die beiden Helden, die ich bewundere. Und Ihr, Herr, Ihr seid der direkte Nachkomme.« Sein Gesicht war glühend rot geworden.

Henry zwinkerte. »Aber nicht von Cäsar, mein Junge! Was weißt du denn von Hastings?«

Der kleine Page schluckte und begann ohne zu stocken: »Am 27. September 1066 stach die Flotte des Herzogs Wilhelm bei Einbruch der Nacht in See, angeführt von der Galeere des Herzogs, die an ihrer Mastspitze eine Laterne trug. Tagelang hatten sie« – er holte tief Luft – »auf günstigen Wind gewartet. Nach der Überfahrt verlegte Herzog Wilhelm seine Truppen und Schiffe nach Hastings und wartete dort auf den englischen König Harold. Die große Entscheidungsschlacht am 14. Oktober gilt als Sieg, der von der Reiterei mit Unterstützung der Fernkampfwaffen der Bogenschützen über die Infanterie davongetragen wurde. Der Teppich von Bayeux zeigt dies alles ganz deutlich!« Erwartungsvoll sah er zu Henry auf, dessen Handtuch zu rutschen begann; er knotete es erneut zusammen. »Mein Kompliment an deinen Tutor, du weißt fast mehr darüber als ich!« Als der Knabe fortfahren wollte, hob er die Hand. »Es tut mir Leid, dass ich dich unterbrechen muss, aber ...« Er deutete auf die ausgebreiteten Gewänder, »... ich kann deine Majestäten nicht warten lassen.« Freundlich lächelte er ihm zu. »Wir werden uns sicherlich noch einmal sprechen. Bis dahin also ...«

Der Junge verbeugte sich und wandte sich zur Tür; da rief ihn der Herzog noch einmal zurück. »Gehörst du zum Gefolge der Königin?«

Der Page schüttelte den Kopf. »Nicht direkt, Euer Gnaden. Im Moment hat man mich dem großen Bernhard von Clairvaux zugeteilt. Er ist der Berater des Königs«, fügte er hinzu. »Gerade jetzt beratschlagen sie wieder miteinander, deswegen habe ich frei.« Er lächelte schüchtern und entblößte dabei zwei fehlende Vorderzähne.

»Was ist mit der Königin? Siehst du sie oft?«, fragte Henry.

»Jeden Morgen, wenn sie zur Kirche geht, Euer Gnaden.«

»Und? Ist sie sehr streng mit euch?«

Der Junge war entrüstet. »Im Gegenteil: Königin Alienor kümmert sich ganz besonders um uns Pagen und erkundigt sich immer nach unserem Heimweh. Ich habe schon lange keines mehr gehabt!«, fügte er stolz hinzu. »Wenn ich erst größer bin, werde ich überhaupt keines mehr haben!« Dann, mit einer weiteren Verbeugung: »Und gekrönt wurde Wilhelm der Eroberer in Westminster zu Weihnachten!« Weg war er.

Henry begann schallend zu lachen. »Als ich so alt war wie er, da habe ich für Karl den Großen geschwärmt. Über den hätte ich auch so viel gewusst!« Er ging zum Bett und zerrte an seinem Handtuch. »Öffne die Schlagläden, Robert – der Kamin qualmt. Und dann hilf mir beim Ankleiden.« Das Handtuch fiel zu Boden. Henry achtete nicht darauf.

Kapitel 2

»Wie ist er?« Schlaftrunken streckte Alienor ihren durchwärmten Körper, während sie mit geschlossenen Augen ihr dichtes, rotes Haar im Nacken zusammendrehte.

Mit einer Geste verscheuchte die Gräfin von Châtellerault die Hofdamen, die am unteren Ende des königlichen Gemachs tuschelnd die Abendroben bewunderten, die für das Bankett bereitgelegt worden waren, dann wandte sie sich der Königin zu. »Weder wie Raymond noch wie Louis«, sie zögerte ein wenig, »weder stattlich noch zart.«

»Weder wie mein Liebhaber noch wie mein Gemahl? Komm, setz dich zu mir!« Lachend rückte Alienor zur Seite, dann lehnte sie sich zurück und beobachtete die unruhigen Lindenblätter, deren Rauschen durch das geöffnete Fenster drang. Der Wind bog die Zweige auf und nieder. Endlich Regen, ein Segen für das Land, dachte sie, als sie nach Maries Hand griff. »Seinen Vater kenne ich seit unserem Kreuzzug. Der alte Recke hat in den heikelsten Situationen Courage bewiesen. Während mein guter Louis immer zögerte, handelte Geoffrey schnell und wenn es sein musste diskret.«

Donnergrollen war in der Ferne zu hören. »Geoffreys Mut und Charme haben mir imponiert«, sie lachte vor sich hin. »Und kaum ist sein Sohn Herzog, glaubt er auftreten zu können wie sein Vater. Wo nimmt er die Unverschämtheit her nicht auf der Stelle den Lehnseid vor seinem König abzulegen?« Alienors grüne Augen funkelten.

»Haben die Normannen sich mit dem Eid nicht immer Zeit gelassen?«, sagte ihre Freundin beschwichtigend.

»Oder könnte es sein«, entgegnete Alienor, »dass Henry Plantagenet ein ungehobelter, überheblicher Vasall ist, nicht wert mich ein ganzes Bankett hindurch zur Tischdame zu haben?« Ein Blitz erleuchtete den Himmel, das Rauschen der Blätter schwoll an und ein Donnerschlag unterbrach ihr Gespräch. »Dann ändere ich die Tischordnung. Mit Geoffrey kann ich mich über die aufregendste Zeit meines Lebens unterhalten, über Christen und Heiden, Raymond und Antiochien, über die Macht und Byzanz. Mein Gott, Marie, du kannst es dir nicht vorstellen ...«, sie wartete das nächste Donnern ab, »... und auch nicht, wie mein Leben an Louis’ Seite geworden ist, seitdem wir aus dem Heiligen Land zurück sind. Keine Macht, keine Liebe, keine Söhne.«

Sie betrachtete Maries ebenmäßiges Gesicht, über das sich ein Hauch von Trauer gelegt hatte. Diese Anteilnahme rührte Alienor. »Massier mir den Rücken und mach es nicht so spannend. Sag schon, wie sieht dieser Henry aus?« Träge rollte sie sich auf den Bauch. Die Gräfin öffnete ihr die Bänder des Unterkleids und schob es über Alienors Oberkörper. Sie tauchte die Fingerspitzen in duftendes Bergamottöl und begann Alienors Haut einzureiben. »Nicht sonderlich elegant. Er sieht aus wie jemand, der gerade zufällig von einer Jagd vorbeikommt, und nicht wie ein Untertan, der an den französischen Hof kommt, um den fälligen Lehnseid zu leisten.«

Alienor gab dem Druck von Maries Fingern nach. Wohlig dehnte sie den Rücken. »Wie gut das tut!«, stöhnte sie in die Kissen. Sie spürte, wie die öligen Finger der Freundin ihr Rückgrat entlangfuhren, in kreisenden Bewegungen seitwärts zu ihren Hüften und langsam hinauf zu den Schulterblättern glitten. »Habe ich zugenommen?«

Marie lachte und gab ihr einen leichten Schlag auf die nackte Haut. »Kein bisschen, meine Liebe. Dein Körper ist schön, wie es einer Königin gebührt.« Bewundernd glitten ihre Handflächen über Alienors schmalen Rücken bis zu ihren vollendeten Schultern. »Deine Haut ist so glatt wie die eines jungen Mädchens und so weich wie die einer Frau.«

Alienor fühlte, wie Marie ein paar Öltropfen auf ihren Nacken fallen ließ, sie genoss die Kühle auf ihrer Haut. »Erzähl weiter: Ist er groß, reitet er gut, was hat er für einen Kopf?«

»Er ist sehr jung.«

Alienor richtete sich abrupt auf. »Zu jung?«

»Er ist zehn Jahre jünger als du, als ob du das nicht wüsstest!« Marie lachte.

Alienor warf das Haar über die fettglänzenden Schultern zurück und drehte sich auf den Rücken. »Ist er so anziehend, wie alle behaupten, oder nicht? Hat er wirklich das Temperament seiner Väter? Werde ich mich mit diesem Henry Plantagenet heute Abend langweilen oder amüsieren?«

Die erste Hofdame wischte sich mit einem Tuch die Hände ab. »Du wirst ihn reizen und er dich. Aber reiz ihn nicht zu sehr. Was dieser Mann will, das nimmt er sich.«

»Ha, das klingt gut.« Lachend ließ sich Alienor wieder auf den Bauch fallen. »Die Frage ist nur, ob sich alles nehmen lässt, was der junge Herzog sich so vorstellt.« Sie spürte, wie die Finger an ihren Schulterblättern entlang und ihren ebenmäßigen Nacken hinaufglitten. »Ich werde das rote Kleid anziehen, das mit dem tiefen Ausschnitt. Und ich werde die Haare offen tragen. Sorg dafür, dass mir der Stirnreif mit Rubinen und Smaragden gebracht wird! Roten Haaren, grünen Augen und dem Schmuck der Kapetinger wird auch der Herzog der Normandie nicht entrinnen.« Alienor richtete sich plötzlich auf. »Ruf nach dem ersten Küchenmeister, Marie, ich habe eine Idee.« Die Gräfin warf Alienor ein Leinenhemd über, half ihr in eine Samtjacke und verließ das Schlafgemach.

Kurz darauf erschien ein dicker, rotwangiger Mann, der sich geschäftig verbeugte. »Hoheit, Ihr ließt mich rufen? Seid versichert, die Vorbereitungen für das Bankett verlaufen zu Eurer Zufriedenheit.«

»Meister, ich wünsche eine Änderung. Das Blanchmanger soll auf englische Art zubereitet werden.« Der Küchenmeister starrte sie ungläubig an. »Auf englische Art, Madame? Aber es ist alles für das französische ...«

Alienor unterbrach ihn. »Dann ändert es. Ihr habt noch eine Stunde Zeit. Den Kapaun habt Ihr sicher schon gekocht und die Mandeln zerstoßen.«

Die Wangen des Küchenmeisters röteten sich noch mehr. »Hoheit, wir müssten den Kapaun und die Mandeln durch ein Tuch seihen und so lange köcheln, bis alles eindickt, die Zeit ...«

»Natürlich reicht die Zeit. Ich wünsche es so. Ihr werdet das Kapaunfleisch formen, wie man es in England tut. Und vergesst die gerösteten Mandeln nicht!«

Verwirrt fuhr der Küchenmeister fort: »Sie müssen geschält und mit dem dicken Ende nach unten auf die eine Seite der Speise gesteckt ...«

»Ihr seid Meister Eures Faches, also wisst Ihr auch, dass auf die andere Seite Granatapfelkerne gesteckt werden!«

Der dicke Mann murmelte. »Ja ... Mandeln nach unten, Kerne nach oben, Hoheit. Und zum Schluss wird das Ganze mit Zucker bestreut.«

»Meister, ich verlasse mich auf Euch.« Alienor verabschiedete den aufgeregten Mann. In Erwartung der Hofdamen, die sie ankleiden sollten, ging sie mit großen Schritten in ihrem Gemach auf und ab, laut vor sich hin sprechend: »Henry Plantagenet, der Herzog, der nach der englischen Krone schielt! Nun soll er beweisen, dass er die Küche seines zukünftigen Reiches von unserer zu unterscheiden weiß!« Würde der Geruchssinn des normannischen Herzogs geschult genug sein um zu erkennen, dass die Königin Frankreichs nach Öl aus Byzanz duftete?

Kapitel 3

Ihre Sporen klickten im Takt, als die beiden Ritter die steinernen Stufen zum großen Saal hinunterschritten.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Neuausgabe
Erscheinungsjahr
2024
ISBN (eBook)
9783989522749
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2024 (Juli)
Schlagworte
Historischer Roman Historienroman Rebecca Gable Elizabeth Chadwick Historisches Epos Philippa Gregory Die Tudors Sabine Weigand Neuerscheinung eBooks
Zurück

Titel: Henry und Alienor