Die Erbin des Steinschneiders
Historischer Roman – Eine junge Frau auf der Spur eines dunklen Geheimnisses im 17. Jahrhundert
Zusammenfassung
Bayern, 1617: Nach dem Tod ihres Mannes kehrt die junge Witwe Marie von Langenau auf Gut Kraiberg, den Sitz ihres Bruders Albrecht, zurück – doch dieser will sie schnellstmöglich wieder verheiraten. Einzig ihrem eigenbrötlerischen Onkel Remigius, der im Hofturm als Steinschneider arbeitet, kann Marie ihren Kummer anvertrauen. Zur gleichen Zeit wird in Prag der Alchemist Sallovinus ermordet, der im Besitz von Kupferstichen war, die die Vorlage für vier wertvolle Mamortafeln sind. Als Marie herausfindet, dass Remigius im Besitz einer der Tafeln ist, wird ihr klar, dass ihr Onkel in tödlicher Gefahr ist. Denn diese Kunstwerke sind der Schlüssel zu einem Schatz, nach dem viele ihre gierigen Hände ausstrecken. Gemeinsam mit Sallovinus‘ Ziehsohn Ruben Sandracce setzt Marie alles daran, die Mamortafeln zu finden, bevor sie in die falschen Hände geraten …
»Wilken webt einen opulenten Erzählteppich, der an Sinnlichkeit und Farbenpracht seinesgleichen sucht.» PAZ am Sonntag
Ein packender historischer Roman für die Fans von Sabine Weiß und Peter Dempf.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Über dieses Buch:
Bayern, 1617: Nach dem Tod ihres Mannes kehrt die junge Witwe Marie von Langenau auf Gut Kraiberg, den Sitz ihres Bruders Albrecht, zurück – doch dieser will sie schnellstmöglich wieder verheiraten. Einzig ihrem eigenbrötlerischen Onkel Remigius, der im Hofturm als Steinschneider arbeitet, kann Marie ihren Kummer anvertrauen. Zur gleichen Zeit wird in Prag der Alchemist Sallovinus ermordet, der im Besitz von Kupferstichen war, die die Vorlage für vier wertvolle Mamortafeln sind. Als Marie herausfindet, dass Remigius im Besitz einer der Tafeln ist, wird ihr klar, dass ihr Onkel in tödlicher Gefahr ist. Denn diese Kunstwerke sind der Schlüssel zu einem Schatz, nach dem viele ihre gierigen Hände ausstrecken. Gemeinsam mit Sallovinus‘ Ziehsohn Ruben Sandracce setzt Marie alles daran, die Mamortafeln zu finden, bevor sie in die falschen Hände geraten …
Über die Autorin:
Geboren an der norddeutschen Küste, zog es Constanze Wilken nach einem Studium der Kunstgeschichte, Politologie und Literaturwissenschaft für einige Jahre nach England. Im wildromantischen Wales entdeckte sie ihre Leidenschaft für das Schreiben, aber auch für Antiquitäten. Die Forschungen zur Herkunft seltener Stücke und ausgedehnte Reisen der Autorin sind Inspiration und Grundlage für ihre Romane.
Die Website der Autorin: constanze-wilken.de/
Die Autorin bei Facebook: facebook.com/Constanze.Wilken
Die Autorin auf Instagram: instagram.com/constanzewilken/?hl=en
Bei dotbooks veröffentlichte die Autorin die folgenden Romane:
»Das Geheimnis des Schmetterlings«
»Die vergessene Sonate«
»Was von einem Sommer blieb«
»Das Licht von Shenmóray«
»Die Frauen von Casole d'Elsa«
»Die Malerin in von Fontainebleau«
»Die Tochter des Tuchhändlers«
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eBook-Neuausgabe Dezember 2024
Dieses Buch erschien bereits 2012 unter dem Titel »Blut und Kupfer« bei Goldmann, München.
Copyright © der Originalausgabe 2012 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Copyright © der Neuausgabe 2024 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung eines Details aus einem Gemälde von Domenico Quaglio sowie mehrerer Bildmotive von © shutterstock
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ah)
ISBN 978-3-98952-492-7
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Constanze Wilken
Die Erbin des Steinschneiders
Historischer Roman
dotbooks.
I
Prag, December 1616
Ursache Prinzip und Eines immerdar,
Woraus Bewegung fließt und Sein und Leben,
Das weit und breit sich ausdehnt, tief und eben,
Vom Himmel und der Erd’ zur Hölle gar.
Giordano Bruno,
»Über die Ursache, das Prinzip und das Eine«, 1585
Seit zwei Tagen fielen dicke Flocken und hüllten die Stadt an der Moldau in jungfräuliches Weiß. Langsam wuchs die Schneedecke, und die Schritte der Stadtbewohner knirschten auf der kristallinen Schicht. Der alte Mann, dessen weißer Bart auf ein zerschlissenes Wams fiel, zog sich vom Fenster zurück und rieb sich die knochigen, vernarbten Hände.
»Wo bleibt er nur?«, murmelte er. Er trommelte mit den Fingern auf einen der vielen Bücherstapel, die aus den Regalen quollen, die Ecken des schmalen Raumes füllten und sogar als Tischbeine dienten.
Auf dem riesigen Arbeitstisch im Zentrum des Studierzimmers standen ein Destillationsapparat, Mörser, Schalen in verschiedenen Größen und eine Phiole, in Bechern staken Löffel, Nadeln und Messer, dazwischen lagen Zeichnungen und ein aufgeschlagenes Buch, in dem der Gelehrte die Ergebnisse seiner Experimente notierte.
Bernardus Sallovinus hatte seine besten Zeiten unter Kaiser Rudolf II. erlebt. Gott sei der armen, gequälten Seele gnädig, dachte er und zog fröstelnd seinen Mantel enger.
Das Feuer im größeren der beiden Öfen, dem Athanor, war fast ausgegangen. Kopfschüttelnd nahm er die letzten Holzscheite aus dem Korb und steckte sie in die Glut. Eine der Grundregeln der Alchemie war das ständige Befeuern des Dauerbrandofens. Ich werde nachlässig oder einfach nur alt, dachte Sallovinus. Sein Blick glitt über die Bücher. Es half nichts, er musste sich erneut von einigen trennen. Ruben konnte das übernehmen, wenn er aus der Werkstatt kam. Der Alte sah zu, wie die frischen Scheite zu glühen begannen und die Flammen sich knisternd in das Holz fraßen. Zufrieden rieb er sich die Hände. Die Grundregeln der Alchemie! Schon lange destillierte er nur noch Alkohol und Pflanzenextrakte für Heiltränke. Zu Kaiser Rudolfs Zeit hatte sich alles um das große Mysterium, den Lapis philosophorum, gedreht.
Alchemisten, Scharlatane und Wunderdoktoren hatten sich in den Läden der kleinen Gassen gedrängt, die zur Burg hinaufführten. Sie alle waren besessen von dem einen Ziel: der Transmutation. Sie wollten für Kaiser Rudolf Gold herstellen, und wenn das nicht gelang, so doch zumindest das Verjüngungselixier. Welch eine Hybris! Sallovinus nahm einen Becher vom Ofen, in dem sich ein Rest Honigwein befand. Sein Magen knurrte, aber er musste auf Ruben warten, der als Edelsteinschneider bei den Castruccis arbeitete und im günstigsten Falle etwas Fleisch und Brot aus der Werkstatt mitbrachte.
Die Castruccis hatten sich mit ihrer Steinschneidewerkstatt einen Ruf erarbeitet, der Rudolfs Tod überdauerte. Der alte Cosimo Castrucci hatte die Technik des Pietra-Dura aus Florenz mitgebracht und schuf Tischplatten und Tafelbilder aus Edelsteinen, die jeden in sprachloses Erstaunen versetzten. Sallovinus leerte den Becher und nahm ein Ebenholzkästchen vom Tisch, dessen Deckel und Seiten mit winzigen Blumen und Vögeln aus bunten Steinen verziert waren. Das Kästchen war Rubens Gesellenstück gewesen. Wie viele Jahre waren seitdem vergangen?
Bernardus Sallovinus stellte das zierliche Kunstwerk wieder auf den Tisch und beugte sich über eine Papierrolle. Die festen Bögen waren unbeschädigt nach langer Reise in ihrem Lederbehältnis nach Prag gelangt. Sorgsam strich er die Blätter auseinander und befestigte sie an den Seiten mit einem Mörser und glatten Steinen, die zu diesem Zweck bereitlagen. Was der Bote heute vom Fluss heraufgebracht hatte, war eine Sammlung von Kupferstichen, die ihm ein alter Freund aus dem Herzogtum Bayern geschickt hatte. »Plagt dich auch die Gicht, Remigius?«, murmelte Sallovinus in seinen Bart und studierte aufmerksam die Abbildungen von rechteckigen Tafeln, die mit einer auf den ersten Blick verwirrenden Mischung aus floralen Ornamenten, Figuren und fremdartigen Symbolen ausgefüllt waren.
»Was hast du für mich, alter Freund? Ein Rätsel?« Nachdenklich strich der Gelehrte über die Abbildungen. Im beiliegenden Brief erklärte Remigius, dass er die Stiche bei Kilian in Augsburg gefunden hatte. Sallovinus schnalzte anerkennend mit der Zunge. Die Werkstatt der Kupferstecherfamilie Kilian stand für Qualität. Die Stiche waren nicht nur handwerklich gut gemacht, sondern ein Abbild der Wirklichkeit, und das war der springende Punkt. Sallovinus blinzelte, um die kleinteiligen Kupferstiche besser lesen zu können, doch es gab keine Bildunterschrift, nur die Motive in den Tafeln, die für sich genommen bemerkenswert genug waren. Über alle Maßen außergewöhnlich! Woher kenne ich euch?, fragte er sich und beugte sich noch dichter über die Blätter.
Unten im Haus wurde eine Tür zugeschlagen, und jemand kam pfeifend die Treppen herauf. Wenig später schwang die Tür auf und schlug mit lautem Knall gegen eine Truhe.
»Ruben! Gib doch acht, und mach die Tür zu!«
»Seht her!« Stolz warf Ruben einen Sack auf den Tisch, aus dem ein halbes Brot, Zwiebeln, eine Handvoll kandierte Früchte und eine gebratene Gänsekeule herausfielen.
»Ah! Nicht doch! Nimm das weg!«, rief Sallovinus und schob die fettige Gänsekeule von den Blättern, doch der Schaden war schon angerichtet. Ein großer Fettfleck zog sich über zwei Stiche.
»Feinstes Fleisch – und was ist der Dank? Castrucci sendet es Euch mit seinen Empfehlungen!«, entrüstete sich der dunkelhaarige Mann, dessen Umhang steif von der Kälte war. Er entledigte sich des schneenassen Kleidungsstücks und ließ seinen Blick prüfend durch das Studierzimmer seines Mentors schweifen. »Ihr braucht Holz.«
»Ja. Schau doch, Ruben. Das kam heute Morgen mit einem Boten aus Bayern.« Sallovinus zeigte auf die Kupferstiche und trat zur Seite, damit Ruben das Licht des Fensters nutzen konnte.
Der jüngere Mann runzelte konzentriert die Brauen und trat ins Licht. Er war von ebenmäßigem Wuchs, hatte ein gerades Profil und dunkle Augen, die kein Gefühl preisgaben. Sein muskulöser Körper strafte die feingliedrigen Hände Lügen. Wer sich auf einen Streit mit Ruben einließ, musste sich auf einen Gegner gefasst machen, dem das Leben eine Kindheit versagt und einen bitteren Überlebenskampf beschert hatte. Ruben betrachtete die Kupferstiche mit mäßigem Interesse. »Tischplatten?«
Entrüstet schnaufte Sallovinus. »Du sagst das, als wären das einfache Platten aus bunten Steinen und etwas Holz! Sieh doch mal hin. Hast du denn gar nichts bei mir gelernt?«
»Tut mir leid, Meister. Ich dachte nur, Ihr freut Euch über den unverhofften Festschmaus«, murrte Ruben, beugte sich jedoch erneut über die Blätter.
»Natürlich. Ich danke dir, mein Freund. Ohne dich wäre ich schon längst nicht mehr.« Und das kam aus tiefstem Herzen, denn Ruben kümmerte sich um Sallovinus tatsächlich wie ein eigener Sohn. »Hat Castrucci Grund zum Feiern?«
Ruben legte die Gänsekeule auf ein Holzbrett und widmete sich weiter den kleinteiligen Abbildungen. »Er hat einen Auftrag von Herzog Maximilian für einen Prunktisch.«
Bedächtig schnitt Sallovinus sich einen Streifen Gänsefleisch ab. »Maximilian, Herzog von Bayern, ein großer Kunstkenner und -Sammler, und hier haben wir Kupferstiche von einem alten Freund aus Bayern, von dem ich jahrelang nichts gehört habe. Ein bloßer Zufall?«
Ruben zuckte mit den Schultern und tippte auf die Blätter. »Also, ich denke, die Tafeln sind florentinischer Herkunft. Der Stil erinnert mich an Castruccis frühe Arbeiten oder auch an ältere Florentiner Steinschneider. Mit den Bildern in der Mitte weiß ich nicht so viel anzufangen. Sind die gemalt?«
»Nicht schlecht! Der äußere Rand mit den Blumen und Tieren ist eine Pietra-Dura-Arbeit, und die Bilder, die aussehen wie gemalt, sind in der wenig bekannten Scagliola-Technik gefertigt. Maximilian von Bayern liebt Scagliola-Arbeiten und bildet sich viel darauf ein, derzeit der Einzige zu sein, der Künstler hat, die in Scagliola für ihn arbeiten. Aber diese Tafeln sind nicht nur künstlerisch wertvoll, Ruben.« Sallovinus machte eine bedeutsame Pause und nickte gedankenvoll vor sich hin.
»Nein?«, hakte Ruben, neugierig geworden, nach.
»Oh nein! Ich müsste mich sehr irren, wenn das hier nicht die sagenumwobenen Tafeln sind ... Sie galten als verschollen und sind das Vermächtnis eines geheimnisvollen Gelehrten, über dessen Existenz kaum etwas bekannt ist. Je länger ich die Stiche betrachte, desto sicherer bin ich mir. Nur wenige wissen überhaupt von ihrer Existenz, und selbst innerhalb dieses kleinen Kreises hält sich hartnäckig das Gerücht, dass die Tafeln nur eine Legende sind. Was haben wir uns damals darüber gestritten und uns die Köpfe heißgeredet. Mein Gott, so lange ist das her. Aber nun ...«
Ein Geräusch erregte ihre Aufmerksamkeit. Ruben ging zu einem der Buntglasfenster, in dem Teile bereits durch geöltes Papier ersetzt worden waren. »Ihr solltet die Hälfte der Bücher verkaufen. Dann könnt Ihr das Fenster erneuern und genügend Holz für vier lange Winter kaufen.« Er öffnete das Fenster, um hinunterzusehen.
»Die Bücher sind Weggefährten, Freunde. Verkauft man einen Freund?«, murrte Sallovinus und streichelte liebevoll über einen aufgequollenen Ledereinband.
Sie befanden sich im zweiten Stock eines baufälligen Hauses direkt am Hirschgraben. In der Schlucht am Fuße der düsteren Burg hatte Rudolf einst der Jagd gefrönt, und Unruhestifter wurden dort unten in Käfigen an meterhohen Tannen aufgehängt, wo sie elend verhungerten. Das Fenster ging zur Gasse, in der es stiller war als gewöhnlich. Der Schnee schluckte sämtliche Geräusche. Ein Junge, den Ruben aus der Werkstatt kannte, winkte ihm zu.
»Kommt schnell, Herr Ruben, der Meister verlangt nach Euch!« Der Junge hüpfte auf und ab und schlug sich die Arme um den dünnen Leib.
Ruben nickte und schlug das Fenster zu. »Ich muss noch einmal zurück, Bernardus. Seid mir nicht gram. Geduldet Euch bis heute Abend.«
»Ich werde hier sein, denn Zeit und Geduld sind das Einzige, was ich im Überfluss besitze«, sagte der Alte mit einem müden Lächeln.
Mit einem letzten Blick auf die Stiche griff Ruben nach seinem Mantel und eilte davon.
»Das Temperament gebührt der Jugend ...«, murmelte Sallovinus, doch er wandte die Augen nicht von den Stichen. Hin und her wendete er die Blätter und konnte sich nicht sattsehen an den geheimnisvollen Motiven, die von kunstvoll arrangierten Ornamenten umrahmt wurden. »Remigius, du alter Fuchs! Du hast immer mehr daran geglaubt als wir. Es gibt sie also, die vier Tafeln! Nur wer sie alle besitzt, wird ihr Geheimnis lüften können. Solltest du etwa ... Dass wir das noch erleben dürfen!«
Dann kicherte er, glücklich und aufgeregt wie ein kleiner Junge. Er benötigte ein Stück Tuch, mit dem er das Fett vom Papier wischen konnte. Sallovinus bückte sich, wobei seine Knochen knackten, und durchstöberte Kisten und Körbe nach geeignetem Material.
Als die Tür sich in ihren Angeln drehte und danach leise ins Schloss fiel, fragte der Gelehrte, ohne sich umzusehen: »Bist du das, Ruben? Hast du etwas ...«
»Verzeiht, dass ich einfach hier eindringe. Ihr seid doch der Meister Sallovinus?«
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Neuausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2024
- ISBN (eBook)
- 9783989524927
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2024 (Dezember)
- Schlagworte
- Historischer Roman Liebesroman historischer Roman Schicksal Historischer Roman Alchemie Historienroman Bestsellerautorin Sabine Weiß Peter Dempf Sabine Ebert eBook