Die Königin und die Hure
Historischer Roman | Ein aufsehenerregender Roman über Eleonore von Aquitanien und ihren Weg zur Macht
Zusammenfassung
Sie war die einflussreichste Frau des Mittelalters – und war doch gefangen in einer Liebe, die drohte ihr alles zu entreißen … Die Normandie im 12. Jahrhundert: Gerade erst hat Eleonore von Aquitanien in einem aufsehenerregenden Prozess die Ehe mit dem französischen König annullieren lassen, als sie Heinrich II. begegnet, dem mächtigsten Mann seiner Zeit. In der Hoffnung auf ein selbstbestimmtes Leben folgt sie ihm an seinen Hof, wo sie als Königin an seiner Seite zu großer Macht aufsteigt. Doch als eine Londoner Hure Heinrich einen Sohn schenkt, droht Eleonore alles zu verlieren. Sie entscheidet sich zu kämpfen – den erbitterten Kampf einer Frau, die gegen die Konventionen ihrer Zeit aufbegehrt …
Ellen Jones zeichnet mit farbenprächtiger Sprache und großer Geste ein scharfes – und überraschendes – Porträt von Alienor von Aquitanien, der mächtigsten und faszinierendsten Frau des Mittelalters: »Die Liebesabenteuer heutiger Königsfamilien verblassen dagegen«, urteilt der Sunday Express.
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Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Über dieses Buch:
Sie war die einflussreichste Frau des Mittelalters – und war doch gefangen in einer Liebe, die drohte ihr alles zu entreißen … Die Normandie im 12. Jahrhundert: Gerade erst hat Eleonore von Aquitanien in einem aufsehenerregenden Prozess die Ehe mit dem französischen König annullieren lassen, als sie Heinrich II. begegnet, dem mächtigsten Mann seiner Zeit. In der Hoffnung auf ein selbstbestimmtes Leben folgt sie ihm an seinen Hof, wo sie als Königin an seiner Seite zu großer Macht aufsteigt. Doch als eine Londoner Hure Heinrich einen Sohn schenkt, droht Eleonore alles zu verlieren. Sie entscheidet sich zu kämpfen – den erbitterten Kampf einer Frau, die gegen die Konventionen ihrer Zeit aufbegehrt …
Ellen Jones zeichnet mit farbenprächtiger Sprache und großer Geste ein scharfes – und überraschendes – Porträt von Alienor von Aquitanien, der mächtigsten und faszinierendsten Frau des Mittelalters: »Die Liebesabenteuer heutiger Königsfamilien verblassen dagegen«, urteilt der Sunday Express.
Über die Autorin:
Ellen Jones wurde in New York City geboren, studierte Schauspiel und begann ihre schriftstellerische Karriere mit dem Schreiben von Theaterstücken. Sie lebte mehrere Jahre in London, und entdeckte in dieser Zeit ihr Interesse an der Geschichte Englands und Frankreichs, die sie in ihren großen historischen Romanen über die Dynastie Heinrichs II. verarbeitete. Ellen Jones lebt in Los Angeles.
Bei dotbooks veröffentlichte die Autorin ihren großen historischen Roman »Die Erbin der Krone«.
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eBook-Neuausgabe Oktober 2023
Die amerikanische Originalausgabe erschien erstmals 1994 unter dem Originaltitel »Beloved Enemy. The Passions of Eleanor of Aquitaine« bei Simon & Schuster, New York.
Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1994 by Ellen Jones
Translated from the English language: BELOVED ENEMY
First published in the U.S. by Simon & Schuster
Copyright © der deutschen Erstausgabe 1995 by Rütten & Loening, Berlin GmbH
Copyright © der Neuausgabe 2023 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Helen Lane, Marisha, Den Rozhnovsky, Andrey_Kuzmin
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (fb)
ISBN 978-3-98690-868-3
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In diesem eBook begegnen Sie möglicherweise Begrifflichkeiten, Weltanschauungen und Verhaltensweisen, die wir heute als unzeitgemäß oder diskriminierend verstehen. Bei diesem Roman handelt es sich um ein rein fiktives Werk, das vor dem Hintergrund einer bestimmten Zeit spielt oder geschrieben wurde – und als solches Dokument seiner Zeit von uns ohne nachträgliche Eingriffe neu veröffentlicht wird. Diese Fiktion spiegelt nicht unbedingt die Überzeugungen des Verlags wider.
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Ellen Jones
Die Königin und die Hure
Historischer Roman
Aus dem Amerikanischen von Hans Freundl
dotbooks.
Vorbemerkung
Dies ist ein Roman, dessen Handlung sich vor dem Hintergrund tatsächlicher historischer Ereignisse entfaltet. Die Charaktere sind, mit wenigen Ausnahmen, real und haben ihren Platz in der Geschichte. Viele der dargestellten Ereignisse haben tatsächlich stattgefunden; andere, die auf Legenden oder Gerüchten beruhen, sind dagegen eher zweifelhaft. Die Geschichtsschreiber des 12. Jahrhunderts waren sich nicht immer einig, und auch spätere Historiker haben die Vergangenheit auf unterschiedliche Weise interpretiert. Auch ich habe mir erlaubt, mit Daten, Schauplätzen und verschiedenen Ereignissen etwas freier umzugehen.
Liste der handelnden Personen
Das Haus Poitou-Aquitanien
Wilhelm IX. | Herzog von Aquitanien und VII. Graf von Poitou, der »erste Troubadour« |
Wilhelm X. | Sohn von Wilhelm IX., des Herzogs von Aquitanien und VIII. Grafen von Poitou |
Eleonore | älteste Tochter von Wilhelm X., des Herzogs von Aquitanien, Enkelin des ersten Troubadours, später Herzogin von Aquitanien |
Dangereuse | Mätresse des ersten Troubadours, Eleonores Großmutter |
Petronilla | Eleonores jüngere Schwester |
Agnes | eine Äbtissin von Saintes, Eleonores Tante |
Raimund | Fürst von Antiochia, Eleonores Onkel, jüngerer Bruder ihres Vaters |
Ralph de Faye | Eleonores Onkel |
Conon | ein Stallmeister |
Meister André | ein Geistlicher in Poitiers |
Die Capetinger
Ludwig VI. | »der Dicke«, König von Frankreich |
Ludwig VII. | Sohn von Ludwig VI., des Königs von Frankreich |
Das Haus Anjou-Plantagenet
Heinrich II. | Herzog der Normandie und Graf von Anjou, später König von England |
Gottfried | Graf von Anjou, Heinrichs Vater |
Mathilde | Gräfin von Anjou, Heinrichs Mutter |
Gottfried | Heinrichs unehelicher Sohn |
Kirchliche Würdenträger
Äbtissin von Fontevrault | Vorsteherin eines Klosters für Mönche und Nonnen |
Abbé Suger, Erzbischof von Bordeaux | Berater von Ludwig VI. und Ludwig VII. |
Bernhard von Clairvaux | Abt von Citeaux |
Theobald von Bec | Erzbischof von Canterbury |
Thomas Becket | ein Erzdiakon von Canterbury, später Lordkanzler von England |
Das Personal der Bordelle
Ykenai | genannt Bellebelle, eine Dirne |
Gytha | Bellebelles Mutter, eine Dirne |
Morgaine | eine Dirne aus Wales |
Gilbert | ein Bordellwirt in Southwark |
Hawke | ein Bordellwirt in London |
Weitere Personen
Prolog
Poitou, im Jahre 1130
Eleonore stand vor dem großen Eichentisch der Äbtissin und verbarg ihre Angst hinter dem trügerisch süßen Lächeln und der unschuldigen Miene, die sie in Gegenwart von Autoritäten immer aufsetzte. Die Äbtissin war noch nicht eingetreten, aber die ganze Kammer war erfüllt von einem Hauch von Verbotenem, der den mit Teppichen behängten Wänden, den silbernen Kandelabern, der geschnitzten Eichentruhe und sogar den flackernden elfenbeinfarbenen Kerzen zu entströmen schien. Es war ein heißer Augustnachmittag, aber hier in diesen Räumen begann man fast zu frösteln.
Eleonore konnte sich nicht denken, weshalb sie aus dem Schulzimmer hierhergerufen worden war. Gedanken an Klosterregeln, gegen die sie in letzter Zeit verstoßen hatte, schossen ihr durch den Kopf: Sie war im Garten auf einen Apfelbaum geklettert, hatte nach der Komplet aus der Küche einen Laib Brot stibitzt, hatte eine Schar Hühner aus ihrem Stall entkommen lassen und hatte sich einmal nach der Abendandacht aus dem Schlafsaal gestohlen – es war zuviel, um alles aufzuzählen. Es erfüllte sie mit einem gewissen Stolz, als sie sah, wie viele Klosterregeln man brechen konnte, bis die Äbtissin von Fontevrault es merkte.
Die Tür hinter ihr öffnete sich. Mit unruhigen Fingern glättete Eleonore den Rock ihrer schwarzen Nonnenkluft und vergewisserte sich, daß ihr Häubchen fest unter ihrem Kinn zusammengebunden war.
»Setz dich, mein Kind.« Die Äbtissin erschien auf der anderen Seite des Tisches.
Umrahmt von einem schlichten weißen Wimpel, wirkte das strenge Gesicht mit der langen, aristokratischen Nase gütig, fast freundlich. Der Gesichtsausdruck der Äbtissin war so ungewöhnlich, daß Eleonore instinktiv wußte, daß diese Vorladung nichts mit ihren Missetaten zu tun haben konnte. Dunkle Vorahnungen schwirrten wie ein Schwarm Schmetterlinge durch ihren Bauch. Nachdem sie sich gesetzt hatte, fiel ihr Blick auf die Bilder von gemarterten Heiligen, die auf den Wandbehängen dargestellt waren. Sie schaute schnell weg.
»Mein Kind, ich fürchte, ich habe schlechte Neuigkeiten für dich«, begann die Äbtissin mit ihrer ruhigen Stimme. »Heute morgen erschien bei uns ein Sendbote vom Herzogspalast in Poitou. Er teilte uns mit, daß der Tod deine Mutter und deinen Bruder ereilt hat.« Sie bekreuzigte sich. »Ich empfinde tiefes Mitgefühl mit dir angesichts dieses schmerzlichen Verlustes, aber ich bitte dich auch, nicht zu vergessen, daß deine Mutter und dein Bruder nun bei der heiligen Muttergottes weilen dürfen. Requiescant in pace.«
Ihre Mutter sollte gestorben sein? Und auch der kleine Wilhelm, der noch keine zwei Jahre alt war? Eleonore versuchte, sich ihre Mutter vorzustellen, die sie nicht mehr gesehen hatte, seit sie vor einem Jahr nach Fontevrault gekommen war. Alles, was sie in sich wachrufen konnte, war eine schwache, schattenhafte Gestalt, die sie ermahnte, sich anständig zu verhalten. Aber während der ersten sieben von ihren acht Lebensjahren war dieser Schatten immer an ihrer Seite gewesen, war so zuverlässig aufgetaucht wie die Morgensonne oder der Abendstern. Es war unmöglich, sich ein Leben ohne sie vorzustellen. Es mußte sich um einen Irrtum handeln. Eleonore öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch die Worte blieben ihr im Hals stecken.
»Für den Rest des Nachmittags brauchst du nicht mehr am Unterricht teilzunehmen«, fuhr die Äbtissin fort. »Ich weiß, du wirst in der Kapelle beten wollen. Schwester Cäcilia wird dich begleiten.«
»Aber ich muß nach Hause.« Sie stieß die Worte seltsam krächzend hervor. »Sofort. Es – es ist vielleicht gar nicht wahr.«
»Ich glaube doch. Es ist immer besser, der Wahrheit so früh wie möglich ins Auge zu blicken. Dein Vater hält es für das beste, wenn du einstweilen noch hierbleibst. Offensichtlich sind die Verhältnisse in Aquitanien noch ungeordnet und ...«
»In Aquitanien ist immer alles ungeordnet«, entgegnete Eleonore. »Ich kann nicht hierbleiben. Meine Schwester Petronilla braucht mich, und dann – und dann wird es ja auch eine Beerdigung geben ...« Sie konnte nicht mehr weitersprechen.
»Angesichts der Hitze wird man die Beerdigung sofort vornehmen.«
»Ich möchte mit dem Boten reden.«
»Natürlich. Er ruht sich im Gästequartier aus.« Die Äbtissin erhob sich. In ihrem schwarzen Habit wirkte sie so groß und eindrucksvoll und so gebieterisch, daß jeglicher Widerstand in ihrer Gegenwart sofort zusammenbrach. Sie schwebte wie ein großer Vogel um den Tisch, blieb vor Eleonore stehen und umfaßte ihr Kinn mit ihren krallenartigen Fingern.
»Dein Unterricht darf nicht unterbrochen werden. Du wirst einmal eine außergewöhnlich gute Schülerin werden, wenn deine aufsässige Art und dein ausgelassenes Benehmen sich ein wenig gelegt haben. Nachdem du sehr schlecht begonnen hast, bin ich jetzt eigentlich recht zufrieden mit den Fortschritten, die du im letzten Jahr gemacht hast.«
Ihre Augen, die grau waren wie ein Tümpel im Winter, blickten Eleonore unverwandt an.
»Es ist besser, wenn du nicht zu lange über deinen Verlust nachgrübelst. ›Müßiggang ist der Feind der Seele‹, sagt der heilige Benedikt. Der Unterricht wird dich ablenken. Schließlich bist du ein Mädchen von acht Jahren und kein kleines Küken mehr, das ständig umhegt werden muß. Wie heißt es in der Heiligen Schrift? ›Der Herr gibt, und der Herr nimmt. Geheiligt sei der Name des Herrn.‹«
»Aber ich will nach Hause«, flüsterte Eleonore, die ihr kaum zugehört hatte.
»Es ist alles gesagt.« Die Äbtissin schwieg einen Moment, als sei sie sich unschlüssig. Dann schien sie zu einer Entscheidung gekommen zu sein. »Ich will, daß du mir jetzt aufmerksam zuhörst, Eleonore!« Die Krallen schüttelten ihr Kinn so ungeduldig, daß Eleonore zusammenzuckte.
Die Äbtissin begann zu sprechen, wobei sie darauf achtete, ihre Worte sorgfältig zu wählen. »Dein einziger Bruder ist tot. Wenn dereinst auch dein geliebter Großvater, Herzog Wilhelm, sterben wird, dann wird deinem Vater das Herzogtum Aquitanien zufallen. Aber wer kommt nach ihm? Nur noch du und deine jüngere Schwester. Unglücklicherweise besitzt dein Vater einen unbeherrschten Charakter und ein ungezügeltes Temperament. Sollte ihm etwas zustoßen – was der Himmel verhüten möge –, dann würdest du, als sein ältestes Kind, die Erbfolge antreten. Natürlich ist anzunehmen, daß dein Vater sich wieder verheiraten und weitere Söhne haben wird, aber bis dahin ...« Die Äbtissin ließ Eleonores Kinn frei.
Eleonore war verwirrt. Sie verstand nicht, was diese Worte bedeuteten. »Sich wieder verheiraten? Ihr meint, eine neue Frau wird an die Stelle meiner verstorbenen Mutter treten?« Der Gedanke an einen derartigen Verrat raubte ihr den Atem.
»Komm, schau nicht so erstaunt. Herzog Wilhelm kommt allmählich in die Jahre, und bald wird Gott ihn zu sich rufen. Aber dein Vater hat noch ein langes Leben vor sich, und gewiß wünscht er sich einen männlichen Erben für Aquitanien.«
»Anstelle – Ihr meint, anstelle von mir?« Die Welt taumelte auf einem schmalen Grat. Unter ihm tat sich ein schier endloser Abgrund auf. Eine neue Mutter? Neue Brüder, die den kleinen Wilhelm ersetzen würden? Vollkommen fremde Leute als Herrscher in Aquitanien? Die Kammer begann vor ihren Augen zu tanzen, und Eleonore mußte sich am Tisch festhalten.
»Das ist eben der Lauf der Welt. Nicht, daß ich diese Tradition billige, nach der die Söhne als Erben bevorzugt werden. Frauen sind dazu genauso imstande. Das heißt, Frauen mit einer gewissen Bildung.«
Die Kammer kam wieder zur Ruhe. Die Äbtissin schwebte zur Tür.
»Ich will keine neue Mutter«, sagte Eleonore mit einer grimmigen Stimme, die sie selbst überraschte. »Und auch keinen neuen Bruder. Ihr habt gesagt, wenn es nicht dazu kommt, dann wird Aquitanien mir zufallen?«
Es folgte ein langes Schweigen, währenddessen die Mutter Oberin Eleonore nachdenklich musterte. »Ich habe nur gesagt, daß du zum gegenwärtigen Zeitpunkt als nächste an der Reihe wärst. Die Wahrscheinlichkeit, daß du eines Tages wirklich das Herzogtum regieren wirst, ist allerdings gering, wenngleich es in Aquitanien kein Gesetz gibt, das eine weibliche Erbfolge untersagt.«
Eleonore starrte sie an. »Dann – dann wäre es also möglich?«
»Alles ist möglich. Aber wenn du eine erfolgreiche Herzogin werden willst, dann darfst du nicht auf den Kopf gefallen sein. Der englische König Alfred hat es einmal sehr treffend ausgedrückt: ›Ein ungebildeter König ist wie ein gekrönter Hintern.‹ Das trifft auf jeden Herrscher zu. Daher tust du gut daran, deine Ausbildung fortzusetzen.«
Obwohl Eleonore innerlich aufgewühlt war, warf sie der Äbtissin einen respektvollen Blick zu. Am Ende bekam die Mutter Oberin immer, was sie wollte. Und Eleonore erkannte, daß sie auch gar keinen Grund hatte, ihr zu widersprechen. Nach ihrer Reise nach Poitiers würde sie bestimmt wieder in das Kloster zurückkehren, um mit ihrer Ausbildung fortzufahren. Wenn sie Aquitanien davor bewahren wollte, Fremden in die Hände zu fallen, dann brauchte sie in der Tat einen klaren Kopf.
Die Glocke läutete zur Vesper.
»Geh jetzt.« Die Äbtissin öffnete die Tür. »Bete zur Muttergottes. Sie wird deine Gebete erhören.« Ein flüchtiges Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. »Auch ich werde dich in meine Gebete einschließen.«
Sofort kehrte der strenge Gesichtsausdruck wieder zurück. Aber Eleonore, die der Mutter Oberin von Anfang an nur mit Ehrfurcht und Angst begegnet war, wußte, daß sie eine unerwartete Verbündete gewonnen hatte.
Nachdem sie mit Schwester Cäcilia die Kapelle Saint-Benoit aufgesucht und, so gut es ging, zu beten versucht hatte, sagte Eleonore, sie brauche kein Abendessen, und machte sich auf, um nach dem Boten zu suchen. Sie lief an der hohen Steinmauer entlang, die das Kloster umgab, vorbei am Fischteich, am Gemüsegarten, am Kornspeicher, an der Mühle und am Taubenschlag. Weiter vorne erblickte sie die vom Nonnentrakt getrennten Quartiere der Mönche und eine lange Schlange schwarzgekleideter Gestalten, die zum Refektorium unterwegs waren.
Sie gelangte zum Gästequartier, wo sie auf Conon stieß, einen jungen Mann mit Haaren, die aussahen wie dichtes Stroh. Er lag auf einer Pritsche und schlief. Eleonore stieß ihn mit dem Fuß an. Er erwachte mit einem Ruck.
»Ist es wahr? Sind meine Mutter und mein Bruder wirklich tot?«
Conon rappelte sich auf. »Ja, Herrin.« Er senkte den Kopf und bekreuzigte sich.
»Wie ist es passiert? Niemand hat mir gesagt, daß sie krank gewesen wären.«
»Dazu war keine Zeit, denn es ist sehr schnell und unerwartet gekommen. Eure Mutter und Euer Bruder machten eines Nachmittags einen Ausflug. Es war sehr heiß, und das Essen, das sie mitgenommen hatten, war vermutlich verdorben – auch mehrere Bedienstete sind krank geworden und gestorben. Am nächsten Morgen jedenfalls hatten beide Fieber und klagten über starke Bauchschmerzen. Die Ärzte konnten nichts tun. Beide starben innerhalb von vierzehn Tagen.«
Conon traten Tränen in die Augen. Eleonore fühlte, wie sich ein schweres Gewicht auf ihre Brust legte.
»Eure Großeltern sind untröstlich. Der ganze Hof ist in Trauer versunken. Man fürchtet, Eure Schwester könnte vor Kummer vergehen, so sehr ist es ihr zu Herzen gegangen. Herzog Wilhelm hat sogar eigens ein Klagelied geschrieben.« Conon wischte sich die Augen aus und begann ein paar Töne zu summen.
»Und mein Vater?«
Conon legte eine Hand auf sein Herz und schloß die Augen. »Der Kummer hat ihn überwältigt. Mein Herr hat seit einer Woche weder Speis noch Trank zu sich genommen. Er weint unablässig. Herrin, Ihr habt noch nie eine derartige Verzweiflung erlebt. Man befürchtet, er könnte an gebrochenem Herzen sterben – es wird schon der Sarg für ihn gezimmert ...«
Das war die typisch aquitanische Art, Dinge zu beschreiben. Alles wurde maßlos übertrieben, aber doch enthielt Conons Geschichte bestimmt mehr als nur ein Körnchen Wahrheit. In einer solchen Situation war ihre launische, unberechenbare Familie zu allem imstande. Plötzlich hatte Eleonore eine Vision: Eine Schar hochwohlgeborener Frauen drängte sich um ihren Vater. Alle versuchten ihn zu trösten, in der Absicht, die nächste Herzogin von Aquitanien zu werden, sobald ihr Großvater, Herzog Wilhelm, gestorben war. Eleonore erstarrte. Sie mußte unverzüglich nach Hause.
»Nimmst du mich mit, wenn du zurückreist, Conon?«
»Aber Herzog Wilhelm hat gesagt, Ihr sollt hierbleiben.«
»Bitte, Conon.« Ihre Unterlippe begann zu zittern. Er mußte sie einfach mitnehmen. Er durfte es ihr nicht abschlagen.
»Was wird denn der Herzog sagen, wenn ich seine Anweisungen mißachte? Außerdem muß ich zuerst noch nach Châtellerault, um Eure Onkel zu informieren. Aber wenn ich einen wichtigen Grund hätte, Euch mitzunehmen ...«
Eleonore schloß die Augen, keuchte und preßte ihre Hände seitlich an den Kopf. »Ich werde verrückt, wenn ich nicht nach Hause komme – ich werde sterbenskrank werden ...« Sie begann zu torkeln.
Conon nickte. »Sehr gut, Herrin. Ich werde dem Herzog sagen, daß ich mit meinen eigenen Augen gesehen habe, wie Ihr in Ohnmacht gefallen seid, und daß ich mich, da ich um Euer Leben fürchtete, entschlossen habe, seinen Anordnungen nicht Folge zu leisten. Aber falls er das nicht als Entschuldigung akzeptiert, dann müßt Ihr für mich eintreten.«
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Neuausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2023
- ISBN (eBook)
- 9783986908683
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2023 (Oktober)
- Schlagworte
- Historischer Roman Mittelalter-Roman Frankreich-Roman Rebecca Gablé Elizabeth Chadwick Philippa Gregory Romanbiografie Neuerscheinung eBooks